3 Wege, wie die Blockchain-Technologie gerade unsere Welt verbessert

Bernd Schmid · Uhr

In letzter Zeit höre ich wieder häufiger kritische Stimmen bezüglich Bitcoin & Co – warum Bitcoin wertlos sei und sich nicht durchsetzen wird. Die Argumente sind mindestens genauso gut wie die der Bitcoin-Bullen. Hier das bisher mit Abstand beste Gespräch zwischen einem Bitcoin-Bullen und einem Bitcoin-Bären, das mir bisher untergekommen ist – beide Gesprächspartner sind unglaublich gut informiert und gehen zivilisiert miteinander um (eine Rarität in diesem Bereich).

Ich selbst gehe dem Ausgang auch als Bitcoin-Investor offen entgegen – vielleicht wird sich Bitcoin am Ende durchsetzen, vielleicht nicht. Was aber in jedem Fall bleiben wird, das ist die Technologie, die mit Bitcoin ins Leben gerufen wurde – die Blockchain. Bereits heute gibt es Anwendungen, die ganze Industrien revolutionieren können. Möglicherweise früher, als die meisten es glauben.

Hier meine drei aktuellen Lieblingsprojekte, die bereits bewiesen haben, was sie können.

1. tZero – Revolution des Finanzsystems

Wer kennt die Geschichte von Dole Food?

Im Jahr 2013 übernahm der CEO & Aufsichtsratsvorsitzende und gleichzeitig größter Aktionär David Murdock das Unternehmen für 13,50 US-Dollar je Aktie. Aktionäre fanden den Preis zu niedrig und verklagten Murdock. Ein Gericht gab den ehemaligen Aktionären recht und verurteilte Murdock dazu, allen diesen nachträglich zusätzlich 2,74 Dollar je Aktie zu zahlen.

So weit, so gut. Doch dann ging etwas gehörig schief.

Die ehemaligen Aktionäre mussten ihre 2,74 US-Dollar je Aktie mittels eines Formulars einfordern. Insgesamt hatte Dole Food offiziell 37 Millionen Aktien herausgegeben. Wie sich jedoch herausstellte, konnten rund 4.500 Aktionäre mit ihren Depot-Auszügen nachweisen, dass sie insgesamt mehr als 49 Millionen Dole-Food-Aktien besaßen!

Der Kommentar des damaligen Vizekanzlers des Bundesstaates Delaware dazu: „Ups! Irgendwie besaßen die Aktionäre 33 Prozent mehr Dole-Food-Aktien als es Dole-Food-Aktien gab.“

Wie war das möglich?

Das Kernproblem hinter dem Ganzen ist die vorsintflutliche Technologie, wie Aktien den Besitzer wechseln. Wer eine Aktie in den USA kauft, dem gehört sie technisch nämlich nicht wirklich. Denn eigentlich steht dahinter nur der Name des Brokers, bei dem man sie gekauft hat.

Und selbst dieser besitzt sie nicht unbedingt sofort nach dem Handel. Kauft der Kunde des einen Brokers die Aktien einem Kunden eines anderen Brokers ab, dann muss grob gesagt erst einmal Geld von dem einen Broker zum anderen fließen und im Gegenzug wird der Besitz der Aktien geändert. Festgehalten wird der Aktienbesitz über eine zentrale Stelle, das Unternehmen DTCC.

Nun ist es so, dass der eigentliche Wechsel des Aktienbesitzes in der Datenbank des DTCC erst zwei Tage nach dem eigentlichen Handel stattfindet. Das Problem dabei: In Zeiten von Hochfrequenzhandel und oft intransparenten, und illegale, Leerverkaufspraktiken kann das schon einmal zu einem Durcheinander führen.

Offensichtlich zu einem solchen Durcheinander, dass Aktionäre eines Unternehmens denken, ein Drittel mehr Aktien eines Unternehmens zu besitzen, als es eigentlich gibt.

Das muss in der heutigen Zeit eigentlich nicht mehr sein. Durch die Blockchain-Technologie könnte man für eine instantane Abrechnung des Aktienbesitzes sorgen – also wer eine Aktie kauft, der könnte sie auch wirklich und zu 100 % verifizierbar sofort nach dem Handel besitzen. Und man bräuchte auch kein zentrales Register mehr dafür, sondern man könnte den Aktienbesitz auf einer dezentralen Blockchain und damit für jeden verifizierbar festhalten.

tZero hat genau dafür eine bereits funktionierende blockchainbasierte Lösung. Das Mutterunternehmen von tZero – Overstock – hat sogar bereits eine Vorzugsaktie, die ausschließlich auf dem von tZero entwickelten Handelssystem gehandelt werden darf.

Für uns Aktienanleger – und ich behaupte für den Aktienmarkt als Ganzes – wäre es nur ein Gewinn, wenn der Handel aller anderen Aktien (und gerne auch aller weiteren Wertpapiere) lieber früher als später über ein solches System abgewickelt werden.

2. Theta – Revolution des Internets für Video-Streaming

YouTube funktioniert wundervoll. Praktisch von überall auf der Welt kann man die fast unerschöpfliche Videodatenbank genießen.

Das ist allerdings gar nicht so selbstverständlich. Immerhin macht das Streamen und Herunterladen von Videos rund vier Fünftel des weltweiten Internetverkehrs aus. Ohne die mächtige Internet-Infrastruktur von Google mit seinen auf drei Kontinenten verteilten Datenzentren wäre das nicht so einfach.

OK, wahrscheinlich könnten auch noch ein, zwei oder drei andere Internetgiganten Ähnliches sicherstellen. Aber dann hört es auch schon auf. Das merkt man beim Ausprobieren von YouTube-Alternativen wie bitchute, dlive oder Odysee relativ bald.

Theta stellt sich an, genau das zu ändern. Mit seiner Blockchaintechnologie will es ungenutzte Computer- und Internetressourcen nutzbar machen. Und davon gibt es sehr viele – wer von uns nutzt schon seine Internetbandbreite oder die Rechenleistung seines Rechners während der Verwendung ständig voll aus?

Wer das ändern möchte, kann dem Theta-Netzwerk beitreten und einen sogenannten Knoten betreiben, der dem Netzwerk genau diese Ressourcen zur Verfügung stellt. Bisher läuft das Projekt offenbar sehr gut: Mehr als 10.000 dezentralisierte Knoten verteilt auf den ganzen Globus helfen bereits dabei, zahlreiche Videos und Streams zu den Konsumenten zu bringen.

So wird das Videostreaming dezentralisiert und kann unabhängig von den Ressourcen der wenigen riesengroßen Internet-Akteure gemacht werden.

3. Fetch.ai – die geballte Macht von Künstlicher Intelligenz für jedermann

Daten sind das Gold der Zukunft. Diesen Satz hört man schon lange. Und das trifft insbesondere auf die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz zu. Je mehr Daten man hat, desto besser lässt sich künstliche Intelligenz darauf anwenden. Genau deswegen haben auch hier wieder die großen Konzerne dieser Welt die Nase vorn.

Aber auch das muss dank der Blockchain-Technologie nicht so bleiben. Mit der von Fetch.ai entwickelten Technologie will man dafür sorgen, dass sich viele kleine Akteure mit ihren jeweiligen Datensätzen zusammen tun können, um zum Beispiel einen Machine-Learning-Algorithmus zu trainieren – und diesen dann gemeinsam nutzen.

Jeder einzelne Nutzer soll so den Algorithmus verbessern können, ohne die eigenen Daten offenlegen zu müssen. So sollen selbst kleine Akteure ihre Daten nutzen können, um wettbewerbsfähiger zu werden. Zumindest könnte diese Technologie eine weitere Möglichkeit sein, die Abhängigkeit vieler Kleinen von einigen wenigen Großen zu reduzieren. Das wäre für mich eine großartige Neuigkeit.

Die Blockchain-Technologie wird noch viel, viel mehr verbessern

Es ist für mich absolut verständlich, wenn man nichts von Bitcoin hält. Was ich selbst als Bitcoin-Bär jedoch nicht ignorieren würde sind die anderen, sehr großen Möglichkeiten der Blockchaintechnologie. Sie können dafür sorgen, dass wir morgen in einer viel besseren Welt leben als noch heute. Die drei oben angesprochenen Projekte zeigen nur ein kleinen Teil dessen, was dort draußen gerade passiert.

Das Beste daran: Es gibt für uns Anleger Möglichkeiten, in diese Technologien zu investieren und von der Verbesserung der Welt zu profitieren. Ganz nach meinem – von The-Motley-Fool-Mitgründer David Gardner gestohlenen – Motto: „Make your portfolio reflect your best vision for the future.“ („Lass dein Portfolio eine Reflektion deiner besten Vision für die Zukunft sein.“)

Offenlegung: Bernd Schmid besitzt Aktien von Amazon, Overstock, Token von THETA und tZero und folgende Optionen: Short Februar ‘21 110 USD Call. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon und empfiehlt Aktien von Overstock.

Foto: Production Perig/ Shutterstock.com

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