Heiko Böhmer: Bei der Altersvorsorge gilt: Nehmen Sie die Finanzen selbst in die Hand

Heiko Böhmer · Uhr
Quelle: leolintang/Shutterstock.com

Auf Staatshilfe zu hoffen ist in diesen Tagen das große Thema: Vor allem die hohen Energiekosten soll der Staat ausgleichen. Hier fallen dann schnelle Entscheidungen. Die Regierung zeigt bei den Hilfszahlungen die Entschlossenheit, die sonst nicht so oft zu finden ist. Stichwort Aktienrente: Auch das ist ein Thema aus dem Koalitionsvertrag, doch bislang ist da wenig passiert. Mein Besuch im politischen Berlin vor wenigen Tagen hat mir da einige Erklärungen geliefert, warum so vieles so lange dauert und daher nur gelten kann: Beim Thema Altersvorsorge ist jeder einzelne Bürger gefordert selbst aktiv zu werden und eben nicht auf die Unterstützung des Staates zu setzen.

Vergangene Woche war ich für einige Tage in Berlin im Rahmen einer Parlamentsreise. Die bietet das Bundespresseamt über die örtlichen Bundestagabgeordneten an. Meine Reise fand mit Sven Lehmann aus Köln statt, der für die Grünen im Bundestag sitzt und in der aktuellen Regierung als Staatssekretär im Gesellschaftsministeriums ist. Den Namen der Behörde haben Sie noch nicht gehört? So ging es mir auch. In der Langform ist es das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend.

Das abwechslungsreiche Programm bot einen guten Überblick zur Rolle Berlins in der Geschichte vom 3. Reich bis zur aktuellen Ampel-Koalition. Auch wenn Finanzthemen kaum zur Sprache kamen, so sind mir doch einige Punkte wichtig genug, um sie an dieser Stelle aufzugreifen, denn unser aller Leben wird doch in vielerlei Hinsicht von Politikbetrieb in Berlin bestimmt oder es werden nur Vorgaben aus Brüssel ins nationale Recht umgesetzt.

Politik ist oft nur der kleinste mögliche Kompromiss

An einem Beispiel aus dem Gesellschaftsministerium möchte ich Ihnen die Komplexität der politischen Arbeit verdeutlichen. So gibt es jetzt ein Entgelttransparenzgesetz. Dabei haben Mitarbeiter die Möglichkeit, den Verdienst ihrer Kollegen zu erfahren, um so gegen eine möglichweise vorhandene Lücke aktiv vorgehen zu können. Im Grunde geht es bei dem Gesetz darum, den Gender-Pay-Gap zu schließen. Ein wichtiges Anliegen, denn noch immer verdienen Frauen weniger als Männer – insgesamt rund 16 Prozent. Das liegt oft an den anderen Jobs die Frauen ausüben. 6 Prozent niedriger fällt das Gehalt immer noch aus, wenn es um die gleichen Jobs und die gleiche Qualifikation geht. So etwas ist nun wirklich nicht mehr erklärbar.

Nun gilt das Gesetz erst ab Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von mehr als 200. Die Grünen wollten das auch schon bei kleineren Unternehmen, aber die Koalitionspartner haben sich dagegen gestellt und so kam dieser Kompromiss zustande, der nicht wirklich sinnvoll ist und bei der Auswahl der Größe auch willkürlich wirkt. Aber so funktioniert Politik oder wie es die Sprecherin des Ministeriums so passend zusammenfasste: „Politik ist das Bohren dicker Bretter.“

Und dieses kleine Beispiel zeigt Ihnen wie mühsam der Gesetzgebungsprozess ist. Und viele Beteiligte nehmen dann erst einmal den kleinen Fortschritt und hoffen auf weitere Verbesserungen in der Zukunft. Denn auch das habe ich in Berlin gelernt: Nach 5 Jahren kommen die Gesetze wieder auf den Prüfstand oder wie es im Behördenjargon heißt: „Es steht die Evaluierung an.“ Dann kann es gut möglich sein, dass das Entgelttransparentgesetz zusätzlich auf kleinere Unternehmen ausgeweitet wird.

Aktienrente wird dauern – Eigeninitiative ist gefragt bei der Altersvorsorge

Doch zurück zur Aktienrente. Hier sind wir von der Evaluierung noch weit entfernt. Eine erste Regelung dazu wäre schon ein großer Fortschritt. Viele Mitbürger sehen jedoch in den Kapitalmärkten eher einen Gegner und kein Werkzeug, mit dem jeder in der Lage ist, über das Aktiensparen ein Vermögen aufzubauen. Viel Überzeugungsarbeit ist also noch notwendig – vor allem im politischen Berlin. Hier in meiner Kolumne gilt das natürlich nicht, denn als Leser auf onvista haben Sie auf jeden Fall schon das notwendige Interesse an den Themen Aktien und Börse. 

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