Einkommensinvestoren aufgepasst: Wann Dividendenwachstum besser ist als die extragroße Ausschüttung

Aktienwelt360 · Uhr

Einkommensinvestoren, die sich nach ausschüttenden Aktien umsehen, haben grundsätzlich zwei Alternativen zur Auswahl. Entweder sie setzen auf Unternehmen, die aktuell besonders viel ausschütten oder auf solche, die voraussichtlich erst in ferner Zukunft für ein saftiges Extragehalt sorgen können. Beides hat seine Berechtigung. Aber wer auf die folgenden Aspekte achtet, kann noch mehr für sich herausholen.

Typische Beispiele

Besonders hohe Ausschüttungen finden wir häufig in Bereichen wie Rohstoffe, Versorger oder Immobilien sowie bei etablierten Industriewerten. In Deutschland tun sich Anfang Juli etwa Volkswagen (8 %), Freenet (7 %) und die Deutsche EuroShop (7 %) hervor. Es sind häufig Unternehmen, die über eine stabile Marktposition verfügen und dabei hohe Barmittelzuflüsse generieren.

Da zum Beispiel Freenet keinerlei Ambitionen zeigt, außerhalb von Deutschland zu wachsen oder völlig neue Geschäftsbereiche aufzubauen, ergäbe es keinen Sinn, einen Großteil des Jahresgewinns einzubehalten. Hohe und verlässliche Ausschüttungen sind die logische Folge. Auch bei Immobilienwerten werden Rückflüsse von Investoren geradezu erwartet.

Nicht so klar ist die Lage bei Volkswagen. Der Autobauer hat durchaus großen Investitionsbedarf und könnte die ausgeschütteten Milliarden eigentlich ganz gut gebrauchen, um sich besser gegen anstürmende Dividendenverweigerer wie Tesla zu verteidigen. Aber die staatlichen Großaktionäre benötigen die Ausschüttungen für ihre Haushalte.

Aktien, die geringere, aber kontinuierlich wachsende Dividenden ausschütten, finden wir eher in Geschäftsfeldern mit etwas höherer Dynamik. Dort legen es die großen Entwicklungsmöglichkeiten nahe, mit dem überschüssigen Geld die eigene Expansion anzutreiben. Ein anschauliches Beispiel ist Symrise, die aktuell nur 1 % Rendite bringt, jedes Jahr etwas mehr bezahlt und auch künftig regelmäßig aufstocken will. Als einer von vier Marktführern in einem wachsenden und fragmentierten Markt rund um Aromen und natürliche Zusatzstoffe hat das profitable Unternehmen noch viele Potenziale.

Weitere Beispiele finden sich im Softwaresektor, aber auch in vielfältigen Bereichen wie Handel, Hightech und Dienstleistungen. So hat Carl Zeiss Meditec seine Dividende von 2005 bis 2023 verzehnfacht. Ähnlich sieht es bei Nemetschek aus, deren ansehnliches Ausschüttungswachstum aber kaum der Kursentwicklung hinterherkommt, weswegen die Rendite noch immer bei rund 0,5 % darbt.

Wie immer, gibt es zwischen den Extremen auch Grautöne. So bietet etwa die Allianz seit vielen Jahren sowohl steigende Dividenden als auch gute Renditen – derzeit über 5 %.

Diverse Ziele

Als Einkommensinvestoren können wir unterschiedliche Ziele formulieren:

  1. Die Nebeneinkünfte als Rentner maximieren
  2. Die Gesamtausschüttungen maximieren
  3. Den besten Mix aus Kurssteigerungen und Ausschüttungen

Dabei sind noch weitere Aspekte zu beachten, darunter Risiken, Zeithorizont und Steuern. Beim letzten Punkt wird es insbesondere bei ausländischen Aktien mitunter kompliziert. Nach deutschem Recht bezahlen wir auf Ausschüttungen 25 % Abgeltungssteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.

Steuern sparen

Was man sich hierzu überlegen sollte, ist, ob es eine Lebensphase gibt, in der man einen niedrigeren Grenzsteuersatz als 25 % hat. In diesem Fall können die Dividenden zum persönlichen Tarif versteuert werden. Das könnte zum Beispiel bei einem verheirateten Studenten der Fall sein, wo beide höchstens kleine Nebenjobs haben. Im Fall, dass die Eltern ein Wertpapierdepot für die beiden eingerichtet haben, können die Erträge daraus womöglich steuerfrei vereinnahmt werden.

Denn bis 23.208 Euro ist der Grenzsteuersatz 0 %. Verdienen die beiden 1.500 Euro pro Monat (18.000 Euro pro Jahr), dann könnten sie also 5.208 Euro an Ausschüttungen verdienen, ohne einen Cent an den Fiskus zu entrichten. Das entspricht bei 5,2 % Dividendenrendite einem Depot von 100.000 Euro. Wenn dann später das Berufsleben startet und weitaus mehr auf das Gehaltskonto fließt, sollte das Paar allerdings umschichten und mehr auf Wachstum setzen.

Ein anderer Fall betrifft die Rente. Wer derzeit gut verdient, aber – aus welchem Grund auch immer – mit nur einer eher geringen Rente rechnet, könnte versuchen, die Ausschüttungen auf die Ruhestandsjahre zu verschieben. Hierfür bieten sich Aktien an, die erst zum Renteneintritt saftige Dividenden erwarten lassen. Derzeit ergibt sich für Paare bei einem Gesamteinkommen von 24.000 Euro eine Grenzbelastung von knapp 15 %. Bei 5.000 Euro Dividenden kann die jährliche Steuerbelastung somit um mehrere Hundert Euro niedriger ausfallen.

Maximale Nebeneinkünfte als Rentner

Dennoch ist die absolute Höhe der Dividende in der Regel wichtiger als die Steuerersparnis. Wer bis zur Rente auf hohe Ausschüttungen verzichtet, der möchte am Ende die Früchte davon ernten. Das geht über zwei Wege: Entweder wir haben es mit einbehaltenen Gewinne zu tun, welche sich letztlich in einer deutlich besseren Kurs-Performance bemerkbar machen. Oder die Dividenden steigen über die Jahre so stark an, dass sie am Ende diejenigen übertreffen, die heute noch weitaus höher sind.

Wie lange und wie stark müssen Dividenden im zweiten Fall steigen, bis sie höhere Erträge bieten? Hier kommen drei Szenarien, welche die Aufholjagd über verschiedene Zeiträume aufzeigen:

Dividende heute Steigerungsfaktor pro Jahr Zeithorizont in Jahren Dividende danach (auf den Einsatz)
Dividendenwachstum 1,0% 1,08 30 10%
Hochdividender 7,0% 1,01 30 9%
Dividendenwachstum 0,5% 1,20 15 8%
Hochdividender 6,0% 1,02 15 8%
Dividendenwachstum 2,0% 1,20 5 5%
Hochdividender 6,0% 1,00 5 6%

Diese Beispiele zeigen, dass bei einem Zeitraum von 30 Jahren schon bei moderaten Annahmen die Dividendenwachstumsaktie die Nase vorn hat. Erst wenn der Zeithorizont weniger als zehn Jahre beträgt, wird es schwierig, den Rückstand bis zum Renteneintritt aufzuholen.

Dabei ist jedoch daran zu denken, dass die Rentnerzeit im besten Fall mehrere Jahrzehnte umfasst, sodass es noch mehr Zeit gibt für die Dynamik, um ihre Wirkung zu entfalten. Mit Aktien, die jedes Jahr mehr bezahlen, kann man dann viel besser der Inflation entgegenwirken. Rein mathematisch gesehen sind Dividendenwachstumsaktien in vielerlei Hinsicht im Vorteil.

Damit dieser Mechanismus funktioniert, muss allerdings die Titelauswahl wohlüberlegt sein. Denn nur, wenn Unternehmen, die man sich in sein Portfolio lotst, wirklich über viele Jahre eine so erfreuliche Entwicklung nehmen, wird man Jahr für Jahr einen größeren Geldbetrag pro Anteil vereinnahmen können. Dazu benötigen wir eine starke und langfristig orientierte Unternehmensführung. Die wiederum wichtige Anteile in zukunftsfähigen Märkten erobert und dabei stabile oder steigende Margen erwirtschaftet.

Der Artikel Einkommensinvestoren aufgepasst: Wann Dividendenwachstum besser ist als die extragroße Ausschüttung ist zuerst erschienen auf Aktienwelt360.

Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien.

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