Ampel rauft sich bei Haushalt und Wachstumspaket zusammen

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2024. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

- von Andreas Rinke und Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die Ampel-Spitzen auf einen Haushaltsentwurf für 2025 sowie ein Paket zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland geeinigt.

Das Kabinett werde den Entwurf sowie einen Nachtragshaushalt für 2024 am 17. Juli beschließen, sagte Kanzler Olaf Scholz auf einer Pressekonferenz mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die Schuldenbremse soll im Wahljahr 2025 eingehalten werden.

Lindner zufolge ist im kommenden Jahr eine Rekordsumme von mehr als 100 Milliarden Euro Investitionen geplant. Habeck bezifferte den erhofften zusätzlichen Wachstumseffekt durch die geplanten Maßnahmen auf mehr als 0,5 Prozentpunkte. Nach Scholz' Einschätzung wird die Einigung zur Stabilität der Ampel-Koalition beitragen. Über die nach der Sommerpause anstehenden parlamentarischen Haushaltsberatungen äußerte sich das Trio gelassen.

Scholz, Habeck und Lindner hatten bis zum frühen Morgen an dem Paket gefeilt. Lindner sprach davon, dass sich das Trio in den vergangenen Wochen 23-mal im Kanzleramt getroffen habe. "Wir haben zu dritt mindestens 80 Stunden zusammen verbracht", sagte der FDP-Chef. Er betonte, dass er nie daran gedacht habe, aus der Ampel auszusteigen. Sowohl Scholz als auch Habeck unterstrichen, wie wichtig die Stabilität Deutschlands in einer unruhigen internationalen Lage sei. Deshalb sei die Einigung auch für die EU gut, sagte der Kanzler.

MASSNAHMENBÜNDEL SOLL WACHSTUM BRINGEN

Habeck verwies zudem auf die Erhöhung des Kindergeldes. Die Grünen-Fraktion sprach von einer deutlichen Stärkung von Familien und Kindern. Alle Kinder würden mehr Leistungen bekommen, sagte Co-Fraktionschefin Katharina Dröge. Für armutsgefährdete Kinder und Familien sei rund eine Milliarde Euro mehr vorgesehen, hieß es in einem Ampel-Papier. "Der Sofortzuschlag für arme Kinder im Bürgergeld, das Kindergeld und der Kinderfreibetrag steigen um je fünf Euro pro Monat." Dafür seien zusammen 1,8 Milliarden Euro eingeplant. Jeweils zwei Milliarden Euro sollen 2025 und 2026 in Maßnahmen für bessere Kitas fließen. Damit will der Bund die Länder unterstützen.

Im Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft, das Scholz als "Wachstumsturbo" bezeichnet hat, ist unter anderem eine beschleunigte Abschreibung von Investitionen und eine bessere Forschungszulage vorgesehen. Für gewerblich genutzte E-Autos soll es eine Sonderabschreibung geben. Zudem will die Regierung einen Anreiz für längere Arbeit geben: Beschäftigte, die bereits Rente beziehen, sollen Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung direkt als Lohn ausgezahlt bekommen. Auch weitere Schritte zum Bürokratieabbau sind geplant. Der erwartete Wachstumsschub um mehr als 0,5 Punkte entspricht laut Ampel einer zusätzlichen Wirtschaftsleistung von 26 Milliarden Euro.

Der Nachtragshaushalt für dieses Jahr wurde nötig, um einen zusätzlichen Bedarf im Klima- und Transformationsfonds abzudecken. Dort sind wichtige Klimafördermittel für Unternehmen und Privathaushalte gebündelt.

SCHULDENBREMSE BLEIBT

FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich zufrieden, dass die Schuldenbremse nicht angetastet wird. Innerhalb der Koalition hatten sich Vertreter der SPD und der Grünen immer wieder dafür eingesetzt, wegen einer Notlage erneut von der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel abzuweichen, um mehr Geld für Investitionen zu haben. Zwar sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, dass für ihn das Instrument nicht vom Tisch sei. Lindner betonte aber mit Blick auf die FDP-Fraktion, dass er dafür keine parlamentarische Mehrheit sehe.

Neben Einsparungen in den Ressorts sollen die Finanzlücken im Etatansatz 2025 auch dadurch geschlossen worden sein, dass optimistischere Annahmen für Wachstum und Zinsentwicklung verwendet wurden, wie aus Regierungskreisen verlautete. Zudem wurden pauschale Kürzungen für Etats von Ministerien im kommenden Jahr verhängt.

ERLEICHTERUNG IN DER AMPEL - KRITIK DER UNION

Vor allem die SPD hatte auf eine Einigung vor der parlamentarischen Sommerpause gepocht. Unterschiedliche Flügel der Fraktion äußerten sich nun positiv. "Die Einigung zeigt, dass diese Koalition handlungsfähig ist und sich der Verantwortung für das Land stellt", sagte der Sprecher der konservativen Parteiströmung Seeheimer Kreis, Dirk Wiese. Der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Matthias Miersch, sagte zu Reuters: "Zentral bleibt, dass keine Gruppen gegeneinander ausgespielt werden und in die Zukunft investiert werden kann."

Von den Oppositionsparteien CDU und CSU kam Kritik. "Die Ampel trickst sich in das nächste Haushaltschaos", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Scholz, Habeck und Lindner versuchen, mit ungedeckten Schecks in die Verlängerung zu stolpern." Auch vom Unionshaushälter Christian Haase kam Kritik: "Es scheinen eher halbherzige bis gar keine Lösungen das Ergebnis zu sein - etwa bei der Migration, der Bundeswehr oder dem Bürgergeld."

(Mitarbeit: Alexander Ratz und Markus Wacket, redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

onvista Premium-Artikel

Das könnte dich auch interessieren