Kolumne von Alexander Mayer

Bitcoin: Brutale Bärenfalle oder Ende des Bullenmarktes?

decentralist.de · Uhr
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Das derzeitige Bitcoin-Chartbild sieht durchaus desaströs aus. Nachdem der Kurs zuletzt scheinbar die runde Marke von 60.000 Dollar ein weiteres Mal als Support bestätigt und sich zurück innerhalb des Bullmarket-Supportbands bewegt hatte, sind in den letzten drei Handelstagen sämtliche Dämme nach unten gebrochen und der Kurs hat mit dem 200-Tage-Trend eine weitere entscheidende Lebenslinie für den Bullenmarkt verloren.

Quelle: Tradingview

Im Zuge dieser Korrektur ist der Kurs bereits annähernd bis an die Marke von 53.000 Dollar als nächste relevante Unterstützungslinie gerutscht, ein Test der Zone zwischen 52.000 und 48.000 Dollar scheint angesichts des derzeitigen Verkaufsdrucks allerdings noch in den Karten zu sein. Sollte dieser Support nicht halten und der Kurs sich nachhaltig darunter bewegen, dann wäre eine längerfristige bärische Phase mit weiteren Kursverlusten aus charttechnischer Sicht endgültig besiegelt.

Daher kommt der Gegenwind

Die Federal Reserve agiert weiterhin als Bremsklotz für die Zuversicht der Märkte in Sachen Liquidität, wobei Krypto-Assets hierauf besonders sensibel reagieren. Bei der Sitzung im Juni betonten die Fed-Beamten bereits, dass die Inflation zwar in die richtige Richtung geht, aber nicht schnell genug sinkt, um eine Zinssenkung zu rechtfertigen. Weitere positive Daten sind laut Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell und in den jüngst veröffentlichten Fed-Minutes notwendig, um sicherzustellen, dass die Inflation sich nachhaltig in Richtung des 2%-Ziels der Fed bewegt.

Es gibt zudem Meinungsverschiedenheiten unter den 19 Zentralbankern. Einige sind weiterhin bereit, die Zinsen bei Bedarf sogar ein weiteres Mal zu erhöhen. Einige Mitglieder sprachen sich auch zuletzt wieder für eine Zinserhöhung aus, falls die Inflation hoch bleibt oder weiter steigt. Ein weiterer Belastungsfaktor besteht durch die ausstehenden Zahlungen der Krypto-Börse Mt. Gox.

Die japanische Exchange war die erste große Handelsplattform für Bitcoin, ist im Jahr 2014 jedoch durch einen Hacking-Angriff insolvent gegangen. Teile der Bitcoin-Bestände konnten jedoch von Behörden zurückgewonnen werden. Nun, nach 10 Jahren, liefert der Treuhänder von Mt. Gox die Bitcoin-Bestände im Wert von derzeit etwa neun Milliarden Dollar an die Gläubiger aus, die mit ihren Positionen seit 2014 hundertfach im Plus sind. Am Markt wird befürchtet, dass diese Gläubiger ihre Bestände veräußern werden. Zudem hat die deutsche Regierung am Donnerstag etwa 3000 Bitcoins verkauft (im Gegenwert von etwa 175 Millionen Dollar).

Diese hat sie aus einem Bestand von insgesamt 50.000 Bitcoins, die im Zusammenhang mit dem illegalen Streamingservice Movie2k beschlagnahmt wurden. Die Regierung verkauft die Bestände laut dem Krypto-Datenanalyseunternehmen Arkham Intelligence, das die Wallets der Behörden trackt, über die Börsen Kraken, Bitstamp und Coinbase und sorgt somit für zusätzlichen Preisdruck. Unglücklicherweise fallen diese schwierigen Marktbedingungen durch eine Pause in Sachen Liquidität plus Verkaufsdruck durch große Akteure wie Mt. Gox und die deutsche Regierung in die Phase des Marktes, in der das im April stattgefundene Halving verdaut wird und – im Einklang mit vergangenen Krypto-Zyklen - zu einer ausufernden Miner-Kapitulation führt, durch die viele Bitcoin-Mining-Unternehmen vermehrt Bitcoin-Bestände auf den Markt werfen, um ihren nun halbierten Umsatz zu kompensieren.

Schlechte Stimmung sorgt für Abverkauf-Spirale

Diese Aneinanderreihung an negativen Nachrichten hat die Anleger-Stimmung im Krypto-Sektor gedrückt. Der Crypto Fear and Greed Index ist zuletzt mit einem Wert von unter 30 wieder in den Bereich „Fear“ gerückt. Eine so negative Stimmung wurde zuletzt im Zuge des Kollapses der Skandal-Börse FTX zum Jahreswechsel 2022/23 am Markt beobachtet. Diese negative Stimmung hat zu vermehrtem Verkaufsdruck und damit zu einer massiven Liquidierung an Long Positionen geführt. Laut Daten des Onchain-Datenanbieters Coinglass sind allein zum Ende der Woche in einem 48-Stunden-Zeitraum BTC-Long-Positionen im Wert von über 200 Millionen Dollar liquidiert worden. Das ist die größte Liquidierungswelle seit Mitte April, als der Kurs von 68.500 auf 61.000 Dollar gefallen war. Solche Liquidationen lösen oft eine Kettenreaktion aus, die zu Zwangsverkäufen und weiteren Preisrückgängen führt. Es ist zudem ein Signal für einen überhebelten Markt und zu viel Risiko seitens einiger Marktteilnehmer.

Wie geht es weiter?

Es ist vor allem der psychologische Faktor hinter den Verkäufen der deutschen Regierung, der Mt. Gox Gläubiger und der Mining-Industrie, der derzeit für Kursdruck sorgt und von den Liquidierungen an den Futures Märkten noch verstärkt wird. Während bei der Causa Mt. Gox nicht klar ist, ob die Gläubiger überhaupt in großem Stil verkaufen werden, da es sich bei ihnen größtenteils um Marktteilnehmer handelt, die schon lange dabei sind und entsprechend eine starke Überzeugung von Bitcoin haben dürften, gestaltet sich der übrige Verkaufsdruck zwar als unschön, jedoch ist er temporärer Natur und sobald die Mining-Industrie ihren zyklus-üblichen Rebalancing-Akt nach dem Halving hinter sich hat und die Bestände der deutschen Regierung abverkauft sind, sowie klar wurde, dass die Mt. Gox Halter wahrscheinlich keinen riesigen Selloff initiieren werden, wird dem Markt in den nächsten Wochen eine extreme Belastung von den Schultern genommen und das langfristige fundamentale Bild kann wieder in den Vordergrund rücken.

Wir befinden uns weiterhin innerhalb eines neuen Liquiditätszyklus, angetrieben durch die Geldpolitik der Zentralbanken. Während Notenbanken weltweit bereits lockern, steht auch die Fed – trotz teilweise gegenteiliger Bekundungen – unter Zugzwang, da die sich abkühlende US-Wirtschaft, die Schuldenkrise der US-Regierung, das Problem durch die Yen-Abwertung und die Auflösung des Yen-Carry-Trades und die Probleme im US-Bankensektor nach einer Lösung verlangen. Und diese wird in Form von geldpolitischer Lockerung erfolgen. Ein weiterer positiver Faktor könnte im Handelsstart der Ethereum-ETFs in den USA bestehen, der für Mitte Juli erwartet wird.

Auch wenn das Chartbild derzeit desaströs aussieht, bleibt die Chance aufgrund der fundamentalen Bedingungen hoch, dass es sich hierbei um eine besonders heimtückische Bärenfalle handelt und dass wir im Verlauf der nächsten Wochen wieder in bullisches Territorium zurückkehren werden. Dazu muss jedoch ein Support bei der psychologisch wichtigen Marke von 50.000 Dollar gefunden werden und eine schnelle Erholung zurück in bullisches Chartterritorium – sprich, zurück über den 200-Tage-Trend – erfolgen.

Denken Sie langfristig! 

Kritische Marktphasen stellen langfristig oft große Chancen dar. Investoren, die die scharfe Korrektur im Krypto-Sektor nutzen möchten und auf der Suche nach Anleitung sind, finden in der neusten Video-Ausgabe von decentralist einen Strategie-Guide + Nachkauf-Portfolio aus 7 Positionen, um sich jetzt entsprechend zu positionieren.

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