Kolumne von Stefan Riße

Bei ETFs sind sich alle einig - das bringt Chancen für Aktien der zweiten Reihe

Stefan Riße · Uhr
Quelle: rafastockbr/ Shutterstock

Investments in Index-ETFs gelten derzeit schon fast als Allheilmittel. Fast alle sogenannten Finfluencer predigen rauf und runter die Anlage in MSCI World- oder S&P 500-ETFs. Wenn man mit ihren Followern spricht, fällt immer häufiger auf, dass das Risiko in dieser Form der Aktienanlage mittlerweile vollkommen unterschätzt wird. Zuweilen hört man so Sätze wie: „Ich setze auf etwas Sicheres, ich kaufe MSCI World-ETFs." Geblendet sind sie von der guten Wertentwicklung und dem besonders guten Abschneiden des Index in jüngster Vergangenheit. 

Den Beginn und das Ende von Megatrends erkennen

Die klassischen Stimmungsindikatoren, die ich oft zitiere, dienen dazu, das Ende von Korrekturen und Übertreibungen innerhalb von Megatrends zu erkennen. Dazu zählen Umfragen unter Anlegern, die Auswertung von Börsenbriefen sowie Positionierungsdaten.

Sie sagen aber im Grunde nur etwas aus über die Positionierung bereits aktiver Marktteilnehmer aus. Woran aber erkennt man das Ende von Megatrends selbst, also langjährigen Bullenmärkten oder Bärenmärkten? Wenn diese auslaufen, gibt es in Bullenmärkten meist eine breite Euphorie für Aktien und in Bärenmärkten ein völliges Desinteresse an diesen. Oder sie werden für tot erklärt, wie im amerikanischen Anleger-Magazin Business Week 1979 mit dem Titel: „The Death of Equities“.

Kein Megatrend bei Aktien, jedoch bei ETFs

Schaut man auf die Aktienmärkte heute, dann haben wir, unterbrochen durch Korrekturen wie die Euro- und die Coronakrise, einen 15 Jahre andauernden Bullenmarkt, der nach der globalen Finanzkrise 2009 begann. Eine breite Aktieneuphorie wie zur Jahrtausendwende existiert jedoch nicht. Es fehlt dafür allein schon der Boom bei Neumissionen und die konjunkturelle sowie geopolitische Lage ist zu wackelig, um von 100-prozentigen Investitionsquoten auszugehen.

Was jedoch mittlerweile als heiliger Gral betrachtet wird, ist die Feststellung, dass passives Investieren bessere Ergebnisse erbringt als aktives. Das Allheilmittel der Finanzindustrie lautet daher ETF. Und damit sind nicht die neuen aktiven ETFs gemeint, sondern die Billionen schweren, die auf Indizes wie den S&P 500 oder den MSCI World setzen. Niemand zweifelt daran. Lange Zeiträume der Vergangenheit zeigen, dass die meisten aktiven Fonds passive ETFs nicht schlagen können.

Einhelligkeit birgt Gefahren

Doch hier wird es gefährlich. Die enormen Mittel in ETFs sorgen dafür, dass die in den großen Indizes enthaltenen Aktien sich besser entwickeln als die, die nicht enthalten sind. Damit steigt die Bewertung der großen Titel und das Renditepotenzial sinkt. Langfristig kommt bei der Aktienanlage nur das heraus, was die Unternehmen an freiem Cashflow erwirtschaften. Der Trend geht dadurch hin zu großen, marktstarken Aktien, und hier vor allem amerikanischen Technologieaktien wie Apple, Amazon oder Nvidia.

US-Titel machen im MSCI World Index derzeit 70 Prozent aus und im S&P 500 haben die zehn größten Aktien ein Gewicht von über 32 Prozent. Die größten acht sind Technologiewerte. Das massive Investieren in ETFs verzerrt den Markt und wird wahrscheinlich dazu führen, dass unterbewertete, kleine und mittelgroße Aktien und damit aktive Fonds, die auch diese aussuchen, zukünftig besser abschneiden. Denn eine Wahrheit gilt immer am Aktienmarkt: Das, worauf alle setzen, erzielt ab einem gewissen Punkt nur noch unterdurchschnittliche Renditen.

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